Unser Reitsport begann mit ganz normalen Ackergäulen
Besonders auffällig waren sie eigentlich nicht, meine fast acht
Jahrzehnte hier im Dorf, nur daß man mich überall hinschickte,
wo jemand gebraucht wurde. In Unternitzschka stand mein Geburtshaus, aus
Lehm gefügt, und heute nicht mehr vorhanden. Sechs Geschwister waren
wir, da hieß es beizeiten, sich auf eigene Füße zu stellen.
Damals gab es noch das sogenannte Landjahr, ich habe es nach der achten
Klasse auch absolviert.
Viel war nicht los bei uns bis zum Zweiten Weltkrieg. Wir konnten
uns im Gesangverein treffen oder bei der Feuerwehr mitwirken, die später
gar über eine eigene Blaskapelle verfügte. Wir hatten im Unterdorf
wenigstens noch den „Goldenen Apfel" mit Kegelbahn, den Dorfplatz als beliebten
Treffpunkt und die schönen weiten Muldenwiesen zum Stromern und Fußball
spielen. Einige Handwerker waren im Dorf tätig. Einen „Barbier" hatten
wir nicht. Deshalb ging's zum Haare schneiden zu Matthes Franz, der machte
das für'n Groschen.
Ich hatte Zimmermann gelernt, Krieg und Gefangenschaft durchstanden.
Eine der schlimmsten Enttäuschungen nach der Heimkehr war für
mich, daß aus blindem Haß auf vieles, was nur halbwegs nach
Adel und Herrenbesitz aussah, von den neuen Machthabern zerstört wurde.
Auch unser schönes Schloß wurde abgerissen. Man brauchte das
Baumaterial, das waren fast ausschließlich Bruch- und Feldstein,
angeblich für die Neubauernhöfe.
Vor meiner Heirat 1950 gab es noch eine Alternative, etwas mehr
zu verdienen: die Wismut AG. Diese Gelegenheit habe ich eine Zeitlang genutzt,
war auch mal für einige Monate im Westen. Aber das alles war nicht
meine Sache. Ich spürte sehr rasch, daß ich hierher nach Nitzschka
gehörte und zu meiner Frau. Und ich wollte, daß etwas los sei
im Dorf. Ich gründete eine Ortsgruppe der GST und sorgte dafür,
daß eine Kulturgruppe entstand. Wir haben auf den Dörfern Theater
gespielt, zogen mit Zugmaschine und Hänger umher. Dann folgten eine
Fußballmannschaft und das Kegeln. Überall hatte ich meine Hände
mit im Spiel, stets nach dem Motto: „Alfred, mach du das, dann wird's was!"
Ich hatte gute Verbindungen nach verschiedenen Seiten, und die Materialbeschaffung
ging mir eben leicht von der Hand.
Ja, und die Sache mit dem Reitsport im Dorf ist eigentlich nicht
aufregender als das andere, nur viel bekannter sind wir dadurch geworden.
Sie begann 1968, und die Idee dazu hatte Gerd Haupt. Er hat zusammen mit
Kurt Kulms, Werner Meier und Werner Kniesche die Sektion Reitport in der
BSG gegründet, die ich auf die Beine gestellt hatte. Die Pferde gab
uns die LPG, ganz normale Ackergäule. Es wurde einfach nur geritten,
aus Spaß an der Sache. Das erste Turnier bestritten wir unter uns.
Der „Buschfunk" tat ein Übriges, und bald konnten wir Interessenten
aus der näheren Heimat begrüßen. Wir brachten die Tiere
im ehemaligen Rittergut unter, heute bauen wir große Zelte auf. Der
Reitplatz entstand auf dem Gelände der abgerissenen Hühnerbaracken,
und auch unser Sportlerheim haben wir 1970 dort eingerichtet. Alle Arbeiten
führten wir in freiwilligen NAW - Einsätzen durch.
Nach der Wende war allerdings erst mal Schluß. Unser Reitplatz
lag im Wassereinzugsgebiet, und nach den bundesdeutschen Gesetzen war das
nicht tragbar. Dann erhielt das Dorf glücklicherweise aus einer anderen
Richtung das Trinkwasser, und 1993 konnten wir unsere Wettkämpfe fortführen.
Wir bauten einen neuen Richterturm, anfangs saßen die Kampfrichter
gar mal auf einem Pferdewagen. Unsere Pfingstturniere, die jetzt unter
der jugendfrischen Leitung von Jens Kaltofen aus Burkartshain organisiert
werden, sind bundesweit bekannt, und sogar aus Bayern kommen die Teilnehmer.
Was wollen wir mehr?
Das Alter forderte seinen Tribut. Ich trat also in die „zweite Reihe"
zurück und überließ die Arbeit im Vorstand den jüngeren
Leuten. Ganz unaktiv kann ich allerdings nicht sein. Deshalb treffe ich
mich jede Woche mit einigen Sportfreunden zum Kegeln, nicht nur zum Spaß,
sondern auch zu regelrechten Wettkämpfen. Und da möchte man schon
Leistung bringen. (W.B.)
Die alten Herren vom Kegelclub
das sind: Hans Müller, Alfred Eilenberger, Herbert
Vinz, Horst Braun und Lothar Aßmus
W.B. = Werner Ballschmieder