Guten Tag, Nitzschka

Die Mulde bei Nitzschka bietet nicht nur manch' romatischen Blick, auch die Fische darin sind wieder genießbar. Die Wasserqualität hat sich wesendlich verbessert. Die Kehrseite der Medaillie: Die Betriebe, die früher in der näheren Umgebung zur Verschmutzung beitrugen, sind dicht - die Leute ohne Arbeit.
Foto: MTZ/Gutzeit
 

An einem sonnigen Sonntagnachmittag machte sich MTZ auf die Socken und einen ausgiebigen Bummel durch den kleinen Burkartshainer Ortsteil Nitzschka. Wir bewunderten den „Goldenen Ärmel", ein kleines hübsches Gäßchen, das den spielenden Kindern vorbehalten ist, schüttelten den Kopf angesichts der Ruine des Rittergutes und genossen den Anblick der wieder etwas saubereren Mulde. Dort trafen wir den Angler aus Leidenschaft, Werner Merseburger, und staunten über die enorm „bissigen Mulde - Bewohner. Wir sprachen mit dem ältesten Nitzschkaer, Kurt Müller (85), der 60 Jahre im Ort der Tischlerwar und den das Trompeteblasen jung gehalten hat. Und wir kehrten ein bei Wutzigs, die bis 1979 einen Gasthof in Unternitzschka führten. Heute genießt das Rentnerehepaar seinen wohlverdienten Lebensabend. Versorgt werden nicht mehr die durstigen Kehlen der Männer des Ortes, sondern Bienen, Kaninchen, Hühner und ein gutes Stück Garten.

Lesen Sie bitte unsere Dorfseite,,Guten Tag, Nitzschka", in einer der nächsten Ausgaben der Muldentalzeitung mit ihren Ausgaben „Wurzener Tageblatt" und „Nachrichten für Grimma".

Mein sonntäglicher Dorfspaziergang

Am Sonntagnachmittag mache ich mich auf die Socken. Der Himmel ist blau und ein Lüftchen weht ideales Wetter, um einen Bummel durch das Kleine Nitzschka zu machen.
Der Burkartshainer Ortsteil zwischen Oelschütz und Neichen hat sich’s gemütlich gemacht. In die sonntägliche Ruhe dringt aus den Fenstern das Klappern der Bestecke vom Mittagstisch. Ich setze mich in den Schatten und packe meine Brote aus. Eine Schänke gibt es derzeit nicht im Ort.
 
 

Ja, bis 1979 hatten Wutzigs noch auf. Der Sonntagnachmittag und -abend gehörte den Skat- und Doppelkopfspielern. Da hätte ich jetzt gern mal mitgemischt und sicher auch so einiges Interessantes erfahren...

Ein dreister Redakteur

Kurzentschlossen drücke ich auf die Klingel. Frau Wutzig, hat gerade ein Nickerchen gemacht, ist mir ja peinlich. Trotzdem werde ich freundlich hereingebeten. „Hier, in diesem Haus, bin ich vor 72 Jähren zur Welt gekommen", erzählt die kleine, flinke Frau. Schon hat sie ein paar historische Postkarten herbeigeschafft. „Hier ist der ursprüngliche Gasthof von Schönbergs noch zu sehen", erzählt sie.„l9l0 ist er aber abgebrannt. Mein Vater, hat danach das Grundstück gekauft und mit der Mutter, die war Mamsell auf dem Rittergut, neu aufgebaut. Von 1912 bis 1949 bewirtschafteten sie den Hof, also die Kneipe und die Landwirtschaft."
Frau Wutzig führte den Gasthof bis l979 weiter. Als sie dann Rentnerin wurde und niemand da war, der die Gaststätte übernehmen wollte, wurde umgebaut und zusätzlich Wohnraum geschaffen.
Für den .Hausgebrauch
Herrn Wutzig, er ist 77 Jahre alt, treffe ich bei den Bienen an. „ich hab' noch drei Völker, der Honig ist für den Hausgebrauch, oder um mal ein Glas zu verschenken. Verkauf lohnt nicht mehr." Als Rentner haben die Wutzigs keine Langeweile. Im Garten wachsen Kartoffeln und Gemüse, auf dem Hof scharren die Hühner und auch etliche Kaninchensitzen in den Boxen. Als ich mich verabschiede, habe ich ein Glas Honig, die Bestellung für ein Kaninchen und ein Rezept für die richtige Zubereitung des Sonntagsbratens in der Tasche ...

Frau Wutzig war 30 jahre lang Gastwirtin in Unternitzschka. 
Inmitten herrlicher Blumen schwatzen wir mit ihr an dem lauen Sonntagnachmittag



 
 

Herr Mersburger angelt 
leidenschaftlich gern. 
Die Fische bisssen an jenem 
Sonntag wie verrückt. 
Leider waren die meisten klein.

Angelfreunden

Das Wasser der Mulde ist schon besser geworden, die Fische wieder genießbar. Werner Merseburger ist leidenschaftlicher Angler, seit der Kindheit. Der schöne
Sonntag hat ihn ans Wasser gelockt. Ich habe mich hinzugesellt, möchte auch einmal etwas von der Atmosphäre eines Anglererlebnisses schnuppern.
Kleine Fische
Bedächtig nimmt Herr Merseburger ein Maiskorn aus der Büchse, steckt es an den Haken und wirft die Leine ins Wasser.
Es dauert keine Minute, da taucht der Schwimmer. Zufall, denke ich, mache aber trotzdem schon einmal den Fotoapparat klar.
„Die Fische in der Mulde sind in der Mehrzahl nicht groß. Früher konnte man sie ja ohnehin nicht verwenden. Das ist jetzt besser geworden", erzählt der Angler, nimmt das fünfte Rotauge vom Haken und wirft es in einem Kescher, der im Fluß Schwimmt.
„Bissige“ Mulde Bewohner
Die Rotaugen beißen wie verrückt. „Heute springen sie richtig nach dem Mais, das ist nicht jeen Tag so. Aber die kleinen Dinger kommen alle wieder zurück ins Wasser“, meint der 55jährige. „Wenn ich Brathering esse, sind die aber auch nicht viel größer“, werfe ich Laie ein. Der Hering ist ja auch ein ganz anderer Fisch
Obwohl, manche braten auch das Rotauge und legen es sauer ein“.
Außerdem gäbe es in der Mulde noch Schleie und Karpfen. „Mein größter Fang in der Mulde war ein Karpfen, von etwa 6 Pfund. Wenn Hochwasser ist, dann sammeln sich die Fische in einem sonst toten Seitenarm der Mulde, etwas weiter flußabwärts. Wenn der Wasserspiegel dann wieder sinkt, sind sie dort gefangen. Da sind manchmal ganz schön viele Fische drin, auch größere", erzählt mein gegenüber und löst vielleicht den zehnten Fisch vom Haken.
Erholsame Stille
Zum Angeln braucht es ein ruhiges Plätzchen. Die Sonne spiegelt sich im wasser und die Grillen zirpen auf den Muldenwiesen. Eine Sonntagsidylle. Im Nitzschkaer Angelverein sind etwa zwei Dutzend Männer und eine Frau (!) eingetragen.
Ich kann mir sehr gut vorstellen, daß so ein Sonntag Balsam für Nerven und Seele ist.



 
 
Blasmusik hält jung

Der älteste Nitzschkaer ist mit 85 Lenzen Kurt Müller.
60 Jahre Tischler
Kurt Müller wohnt seit 1917 hier. Er beendete 1921 die Schule, ging dann dreieinhalb Jahre beim Opa, der Tischler war, in die Lehre. (Der Vater war schon im ersten Weltkrieg gefallen). 1933 übernahm der frischgebackene Tischlermeister die Werkstatt.
60 Jahre hat er hier zugeschnitten, gehämmert, gehobelt und so manche Tür und manches Fenster fertiggestellt. Es wird wohl nur wenige Häuser in Nitzschka geben, in denen nicht in irgendeiner Form ein Stück mit seiner “Handschrift“ zu finden ist.
Sein Hobby – die Trompete
Jung gehalten hat ihn aber vor allem die Musik. Lange Zeit spielte er beim Blasorchester „Albert Kuntz" mit. Den Nitzschkaern ist er aber sicher noch besser als Trompeter in der Feuerwehrkapelle bekannt. Dreimal hat er sie neu aufgebaut und der Anlässe im Dorf gab es viele die Feuerwehrkapelle war immer dabei.
Zwiespältige alte Zeit
Heute schwingt etwas Wehmut mit in den Worten des Dorfältesten. Er hat Nitzschka zu Zeiten erlebt, als alles intakt war. Zum Beispiel das Schloß, nach 45abgerissen, weil Baumaterial für die Neubauern gebraucht wurde, oder weil da bei einigen die politische (un-) Ruhe durchdrehte?„Nitzschka hätte in vielen Dingen die Nase vom", erinnert sich der alte Mann.

Der Dorfälteste ist Kurt Müller.
Trotz seiner 85 Jahre macht ihn
der Garten noch sehr viel Spaß.

Dazu stand noch geschrieben


Marcel, Nick und David trafen wir, als sie gerade dabei waren, eine "Käferfarm" anzulegen...
"Wir wollen auch mal in das Tageblatt", bat das aufgeweckte Trio.

Noch völlig Intakt, wurde das Nitzschkaer Schloß
nach 1945 abgerissen ... 
Übrig blieb vom Herrenhaus diese Ruine

Ich lenke meine Schritte in den Goldenen Ärmel, eine kleine Straße in Obernitzschka, mit Pflasterformsteinen sehr ansprechend neu gestaltet und als Spielstraße ausgewiesen. An den Zäunen der schmucken Grundstücke prangen etliche Zeitungsrollen: Wurzener Tageblatt. Da bekomme ich richtig strahlende Laune ...

In Nitzschka war für Sie unterwegs (Text und Fotos): Uwe Gutzeit

Dazu wurde noch ein Foto von Kurt Wutzig bei seinen Bienenhaus angefertigt, was allerdings nicht veröffendlicht wurde.