der nächste Pegel in der Nähe von Nitzschka befindet sich in Golzern
Sachsen darf nicht untergehen!
Grimma im Muldentalkreis gestern aus der Luft. Die 30 000-Einwohner-Stadt war schon beim Jahrhunderthochwasser 2002 stark in Mitleidenschaft gezogen worden. Jetzt steht wieder alles unter Wasser. Grimma braucht Hilfe. Foto: dpa
Millionen-Schäden an der Mulde Merkel kommt nach Mitteldeutschland
Elster steigt: Heute zittert Leipzig
Leipzig (LVZ). Wieder Land unter in Sachsen: Elf Jahre nach dem Jahrhunderthochwasser
2002 ist erneut eine Flutkatastrophe über den Freistaat hereingebrochen.
Flüsse und Bäche treten nach tagelangem Dauerregen über
die Ufer, Dörfer und Städte werden überschwemmt. In sieben
Landkreisen galt gestern Katastrophenalarm. Auch in Leipzig stiegen die
Pegel der Weißen Elster dramatisch - in der Messestadt wurde für
heute das schlimmste Hochwasser der letzten 20 Jahre erwartet.
Allein in Grimma (Kreis Leipzig) mussten bisher etwa 2500 Menschen
ihre Häuser verlassen. Die an der Mulde gelegene Altstadt steht wie
schon 2002 unter Wasser. Ein weiteres Ansteigen der Mulde wird jedoch nicht
mehr erwartet, der Höchststand wurde gestern erreicht. Der Schaden
wird auf 400 Millionen Euro geschätzt. "Die ganzen privaten und öffentlichen
Investitionen der vergangenen Jahre sind dahin", so Bürgermeister
Matthias Berger. "Wir sind gar nicht in der Lage, alle zehn Jahre unsere
Stadt neu aufzubauen."
Unter anderem in Grimma informierte sich gestern auch Innenminister
Hans-Peter Friedrich (CSU) über die Situation vor Ort. "Die Bevölkerung
kann sich darauf verlassen, dass wir alles tun, ihr die Schäden zu
erleichtern", sicherte er zu. Heute will Kanzlerin Angela Merkel (CDU)
Hochwassergebiete in Sachsen besuchen. Außerdem wird sie nach Greiz
(Thüringen) und Passau (Bayern) kommen.
Unter Wasser stand gestern auf etwa 30 Hektar auch die Döbelner
Innenstadt. In Eilenburg ging das Bangen weiter, dass die Deiche halten.
Tausende Menschen wurden hier bereits vorsorglich zum Verlassen ihrer Wohnungen
aufgefordert.
In der Stadt Leipzig stieg das Hochwasser der Weißen Elster drastisch
an. Südlich der Messestadt wurde das Entlastungsbauwerk Zitzschen
geöffnet. Damit wird der Zwenkauer See mit Wasser aus der Weißen
Elster geflutet, um Leipzig zu schützen. Da die dortigen Durchlass-Kapazitäten
jedoch begrenzt sind, wurde ein weiteres Ansteigen der Pegel erwartet.
Experten rechnen damit, dass der Scheitel der Hochwasserwelle heute am
Morgen oder am Vormittag durch Leipzig rollt. Sollten die Dämme nicht
halten, könnten weite Gebiete überschwemmt werden.
Sorgen bereitet zudem die Elbe. Die Behörden rechnen am Pegel
Dresden für morgen mit einem Anstieg bis 8,70 Meter, und auch danach
soll das Wasser weiter steigen. Im August 2002 lag der Pegel bei 9,40 Meter.
In Chemnitz und Zwickau gehen die Wasserstände dagegen zurück.
Gegen das Hochwasser kämpften landesweit 3200 Einsatzkräfte
aus verschiedenen Bundesländern - Polizisten, Feuerwehrleute, Angehörige
des Technischen Hilfswerks und von Hilfsorganisationen sowie 1050 Bundeswehrsoldaten.
flut-ticker
Stromausfall bei 14 000 Kunden: Durch das Hochwasser ist vielerorts
in Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen der Strom ausgefallen. Netzbetreiber
Mitnetz Strom arbeitet fieberhaft an den Reparaturen.
Über 300 Schulen geschlossen: Im Landkreis Leipzig, dem Altkreis
Delitzsch (Nordsachsen) und in sechs Schulen in Leipzig haben Schüler
voraussichtlich bis einschließlich Donnerstag schulfrei.
Talsperren überfordert: Sachsens Rückhaltebecken sind extrem
überlastet. So kann die Talsperre Malter kein Wasser mehr aufnehmen,
andere müssen kontrolliert abgelassen werden.
Blutkonserven werden knapp: Das DRK ist besorgt, weil in den Flutgebieten
Spendetermine ausfallen. Durch die Mai-Feiertage gebe es ohnehin einen
Mangel.
Commerzbank-Firmenlauf abgesagt: In Leipzig stoppt das drohende Hochwasser
den geplanten Lauf mit über 10 000 Teilnehmern. Auch das RB-Fanfest
fiel aus.
Gummistiefel ausverkauft: In fast allen Leipziger Geschäften sind
die Regale wie leergefegt.
Bericht von LVZ am 4. Juni 2013